Früher war die klassische Lebensversicherung fester Bestandteil der Altersvorsorge, heute wird sie von den Versicherern kaum noch angeboten. Schuld daran sind die steigende Inflation, die jahrelange Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie vor allem der sinkende Höchstrechnungszins, der vom Bundesfinanzministerium festgelegt wird.
Unter dieser Entwicklung leiden auch die Erträge aus Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherungen.
Inhaltsübersicht
Absicherung im Todesfall
Ursprünglich diente eine klassische Lebensversicherung dazu, die nächsten Familienangehörigen beim eigenen Ableben vor finanziellen Nöten zu schützen. Dafür wurde ein bestimmter Betrag mit dem Versicherungsanbieter vereinbart, der die Familie im Ereignisfall absichert.
Diese Versicherungssumme wird dann an eine bezugsberechtigte Person ausgezahlt, in der Regel die Ehepartnerin, der Ehepartner oder die Kinder. Je nach Vereinbarung mit dem Versicherer kann als Versicherungsfall nicht nur der Tod, sondern auch eine etwaige Dienstunfähigkeit oder der Eintritt ins Rentenalter infrage kommen – Letzteres dann, wenn die Lebensversicherung zur privaten Altersversorgung dienen soll.
Schwindende Garantieverzinsung
Neben der Überschussbeteiligung profitieren Versicherungsnehmer bei einer klassischen Lebensversicherung normalerweise vom sogenannten Garantiezins: Dieser Zinssatz wird zu den geleisteten Versicherungsprämien hinzuaddiert, abzüglich der Kosten für Provisionen, Verwaltung und Risikoprämien. Es ist der Zins, den die Versicherer ihren Versicherungsnehmern bei Abschluss garantieren.
Er ist nicht zu verwechseln mit dem sogenannten Höchstrechnungszins. Zu dieser Verwechslung kommt es oft, da beide Zinssätze oft über lange Zeiträume identisch sind. Allerdings wird der Höchstrechnungszins verbindlich vom Bundesfinanzministerium festgelegt – das Ministerium definiert so den maximalen Zinssatz, der von den Versicherungen zur Berechnung ihrer Finanzprodukte verwendet werden darf.
Zusammen mit der Niedrigzinspolitik der EZB und der galoppierenden Inflation sorgt er für den Niedergang der klassischen Lebensversicherungen, denn der Höchstrechnungszins sinkt seit Jahren. Bis zu Beginn des laufenden Jahres betrug er noch 0,9 Prozent, seit Januar ist er weiter auf 0,25 Prozent gesunken.
Die Folge: Klassische Lebensversicherungen mit einem über die gesamte Laufzeit garantierten Festzins verschwinden aus dem Angebot der Anbieter.
Fondsgebundene Rentenversicherungen: Weniger Auszahlung bei gleicher Beitragssumme
Der sinkende Höchstrechnungszins betrifft dabei nicht nur die Lebensversicherungen, sondern auch private Rentenversicherungen. Durch die seit Beginn des Jahres geltende Höchstrechnungszins-Senkung sinken nämlich die ausgezahlten Versicherungssummen am Ende der Laufzeit, und zwar bei gleichen Monatsbeiträgen.
Deutlich wird das durch eine Beispielrechnung auf der Website des Finanzdienstleisters Swiss Life Select: Wenn ein 27-jähriger Angestellter noch vor dem 1. Januar 2022 eine fondsgebundene Rentenversicherung für seine private Altersversicherung abgeschlossen hat, erhält er beim alten Rechnungszins von 0,9 Prozent am Ende der Laufzeit eine Auszahlung in Höhe von 148.335 Euro. Die Laufzeit beträgt dabei 40 Jahre, bei einem monatlichen Beitrag von 100 Euro.
Wenn er dieselbe Police erst nach dem 1. Januar dieses Jahres unterschrieben hat, greift der geringere Rechnungszinssatz von 0,25 Prozent. Die Folge: Am Ende der Laufzeit bleiben dem Angestellten laut der Swiss Life Select-Berechnung nur noch 135.210 Euro – das sind 13.125 Euro weniger als bei einem Vertragsabschluss vor dem 1. Januar 2022.
Berufsunfähigkeitsversicherungen: Kostenerhöhung bei gleicher Versicherungsleistung
Ähnlich sieht es bei Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU) aus: Hier drohen erhöhte Kosten bei gleicher Absicherung. Hat eine 25-jährige Einzelhandelskauffrau noch im Jahr 2021 gemäß den Angaben von Swiss Life Select eine BU mit einer Absicherung von 1.000 Euro im Monat abgeschlossen, ist sie dadurch noch in den Genuss des alten Rechnungszinssatzes von 0,9 Prozent gekommen.
Demzufolge beträgt ihr monatlicher Beitrag 65,36 Euro, bei einer Beitragsdynamik von drei Prozent. Bei einem Abschluss nach dem 1. Januar 2022 und einem geringeren Rechnungszins von 0,25 Prozent erhöht sich ihr Monatsbeitrag auf 69,58 Euro. Die Kosten für die BU haben sich damit erhöht, bei gleicher Versicherungsleistung.